Die 4 besten Ausreden dafür, nichts zu tun

Es sind die Sternstunden des Menschseins: Ich weiß genau, was zu tun wäre – tue aber trotzdem nichts. Warum ist das so? Meistens haben wir eloquent verpackte Phrasen in unseren Köpfen, die im Endeffekt meistens auf die folgenden immerwährenden Top 4 der miesesten Ausreden zurückführen. Und stecken schon ganz schön lange zwischen den Ohren von Menschen fest. Welche ist deine Standardausrede?  

#1: Dafür bin ich zu jung!

Das kann sein. Aber es gibt leider zu viele Beispiele, in denen Menschen gerade in jungen Jahren absolut bahnbrechende Dinge getan haben, als dass diese Ausrede noch zählten könnte. Besser mal gleich über den eigenen Schatten springen und das Jungsein als Vorteil nutzen. 


#2: Da gibt’s bessere als mich!

Klar gibt es bessere als dich. Wenn aber nur die besten Dinge tun haben wir zu wenig Manpower. Wenn du diese Sache nicht machst, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es niemand macht, als dass sie jemand macht, der das besser kann. Warum also nicht einfach mal anfangen und im Zweifelsfall von den besseren lernen? 

 


#3: Da kann ich nichts dran ändern!

Alleine kannst du den Klimawandel natürlich nicht stoppen. Aber viele großen Probleme kommen davon, dass keiner einen eigenen, kleinen Beitrag dazu leisten möchte. Und selbst wenn Mühen vollkommen vergebens sind, ändert aktives Tun unsere Einstellung gegenüber der Sache zum Positiven. Also fang doch einfach mal an! 


#4: Ich bin jetzt noch nicht bereit!

Zu wenig Geld, zu viel um die Ohren, zu geringes Skill-Level, zu wenig Kaffee intus. Irgendwas ist immer. Die traurige Wahrheit ist: In den meisten Fällen wirst du dich nie ganz bereit für entscheidende Dinge fühlen. Also lieber direkt loslegen und nicht endlos über das Bereitsein nachdenken. 

7 Dinge, die ich nicht werden will

Das erste Semester liegt bereits hinter mir und fühlte sich fast so flott an wie die Vernichtung meiner Ritter-Sport-Alpenmilch in der letzten Prüfung. Was von diesen drei Monaten bleibt? Eine Menge Vorfreude auf die kommenden Jahre. Hoffentlich ein ganzes Wörterbuch auf Synapsen-Basis voller alt-hebräischer Vokabeln. Viele neue Eindrücke aus der Welt der Theologen. Sehr viele positive, aber auch einige, die mir den Anstoß gegeben haben, mich zu fragen, was ich eigentlich werden will. Also weniger im Hinblick auf ein Berufsfeld, sondern vielmehr was meine Persönlichkeit angeht. Die Frage hat mich überfordert.

Ein Freund von mir hat mir zu Beginn des Semesters erzählt, er habe eine „Not-To-Do-Liste“. Eine Liste, auf die er Dinge schreibt, auf die er richtig Bock hätte, die er aber aus Zeitgründen nicht tun sollte. Brillante Idee, die mir sicherlich auch guttun würde. Und sie hat mir den Anstoß gegeben, von der anderen Seite an meine Fragestellung heranzugehen: Was möchte ich auf keinen Fall werden? Was gehört auf meine innere „Not-To-Be-Liste“? Nach dem ersten Semester Theologiestudium umfasst die Liste sieben Punkte in willkürlicher Anordnung. Erinnert mich daran, falls ich im Laufe der Zeit einen dieser Kriterien erfüllen sollte.

1) Am Ende der Suche

Warum ich Theologie studiere? Weil ich auf der Suche bin. Ich bin mir unsicher, nach was genau. Nach Antworten? Nach neuen Fragen? Nach einem weiteren Blick auf Gott? Nach einer kritischen Auseinandersetzung mit Wahrheiten, die ich mir zusammengereimt habe? Eins bleibt sicher: Ich will ein Suchender bleiben, auch wenn ich den nächsten Wanderweg durchlaufen hab. Ich will mich nicht sagen hören: „Ich hab das Leben, das Universum und alles ausreichend verstanden.

2) Ein konservierender Beamter

Manche Pfarrer schweben nur noch hin- und her nach Regelwerk zwischen staubig-pseudo-staatstragenden Predigten, zeremoniellem Hochhalten unzugänglicher, kultureller Traditionen und Restaurationsplänen für Kirchenglocken. Um nur noch leidenschaftslos dem Ziel zu folgen, dass alles so bleibt wie es ist. Die Gegenwart braucht aber keine Kirche, die nur im Gestern lebt. Und gleich doppelt keine Theologen, denen das Vergangene wichtiger ist als die Menschen von heute und Zukunft von morgen.

3) Ein noch größerer Besserwisser

Die Beschäftigung mit Theologie kann durchaus eine kafkaeske Verwandlung in einen Jahresdaten-spuckenden, nie-verstummenden Gehirn-Zombie mit sich bringen. Ein sprachliches Wrack, das von normalen Menschen nur noch mit Babelfisch im Ohr verstanden werden kann. Dies sollte vermieden werden. Ich rede gerne und bin gerne im Recht. Beide Fähigkeiten benötigen kein weiteres Brennholz.

4) Die wandelnden 50er-Jahre in grau-beige

Keine Ahnung wann genau der Zeitpunkt kommt, an dem man während des Studiums aufwacht und seinen Körper in beigen Cordhosen, grauen, schnittlosen Rollkragen-Wollpullovern und schwarzen Schuhen wiederfindet. Ich hoffe, bis dahin ist die Zeitmaschine erfunden und ich kann diesen Tag skippen und bei bunten Hosen, Schals und Apple-Watch-Armband bleiben.

5) Wahrheitsfresser

Ich will Andersdenkenden gegenüber immer offen bleiben. Auch wenn sie Dinge tun, die mit meiner ausgeschnittenen Schablone von Christentum nicht zusammenpassen. Jeder hat ein Stück weit immer seine eigenen Auffassungen, Ausdrucksformen und Nuancen von Glauben. Es wäre auch lächerlich anzunehmen, dass Gott sich einzelnen menschlichen Köpfen einfangen lässt. Und es macht mich wütend und traurig zu hören, wie manche Theologen abfällig und abwertend über Andersgläubige sprechen. Auch wenn wir studiert haben – es kann in keinem Universum unsere Aufgabe sein, anderen ihren Glauben abzusprechen, ihnen die eigenen Überzeugungen zwanghaft aufzudrücken oder verachtend und desinteressiert mit anderen Weltanschauungen umzugehen.

6) Deutsch-intellektueller Kopfmensch

Niemand, der mich näher kennt, würde mich als emotional-intuitionsbeflügelten Gefühlsmenschen bezeichnen. Ich war schon immer eher rational in meinem Denken. Trotzdem kann ein so theoretisches, geisteswissenschaftliches Studium diese Eigenschaft noch zu ihrem vollen Glanz bringen, was ich liebend gerne vermeiden würde. Intellektuelle Geistliche haben wir in Deutschland genug. Das Christentum braucht Menschen, die offen dafür sind, dass Gott nicht nur durch Nachdenken zu finden ist.

7) Systemblind

Ich lieb‘ die Kirche. Aber sehe gleichzeitig sehr vieles sehr kritisch. Wenn man zu lange in einem Laden unterwegs ist wird man betriebsblind. So etwas darf mir im Blick auf die Kirche nicht passieren. Ich will weiter hinterfragen und aufmerksam für Missstände bleiben und gleichzeitig loyal versuchen, aktiv etwas zu ändern.

Den Durstigen?

„But recently we’ve gotten feedback from our community that public content — posts from businesses, brands and media — is crowding out the personal moments […] Video and other public content have exploded on Facebook in the past couple of years.“

– Marc Zuckerberg, CEO von Facebook zur Situation seiner Online-Plattform

Jedes Jahr wird von einer bunt gemischten Truppe an Menschen die Jahreslosung ausgewählt, ein Satz aus der Bibel, der über das Jahr hinweg begleiten soll. In diesem Jahr fiel das Los auf den folgenden:

Dazu könnte man viel sagen – dazu wurde auch schon viel gesagt. Als Medienmensch bin ich aber vor allem an folgender Frage hängen geblieben: Wann hatte ich eigentlich zuletzt das Gefühl, durstig zu sein? Und damit meine ich nicht das Gefühl der brennenden Kehle nach dem völlig überbewerteten Cooper-Test im Sportunterricht der 10. Klasse. Auch nicht das fatale Gefühl, in einem Meeting mit Überlänge vor dem inneren Auge die Strecke zum Kaffeeautomaten abzulaufen. Ich meine das manchmal aufflammende Gefühl tief in meinem Herz, dass mich unzufrieden stimmt. Unzufrieden mit dem mich überfordernden Zustand der Welt. Unzufrieden, weil ich den Sinn meines Lebens nicht so richtig fassen kann. Unzufrieden mit mir selbst, weil es da doch einen Haufen Ecken an mir gibt, die ich doof finde. Unzufrieden, weil ich zwischen all den Menschen doch irgendwie auch einsam bin. Unzufrieden, weil ich das Gefühl habe, es muss doch irgendwie auch noch mehr geben.

Manchmal habe ich das Gefühl, wir sind eine Generation, die zunehmend verlernt, Durst zuzulassen, obwohl wir ihn eigentlich in uns haben. Vielleicht, weil wir durch die ständigen medialen Wasserwerfer – von Netflix vor dem Einschlafen bis hin zur Brigitte im Wartezimmer beim Zahnarzt – ununterbrochen beschossen werden. Vielleicht, weil sowohl seichte als auch tiefgründige Unterhaltung so leicht verfügbar ist, wie das glasklare Trinkwasser aus der Leitung. Vielleicht auch, weil unser Lieblingssong immer schon direkt in der Spotify-Playlist darauf wartet, unsere Motivation zu pushen wie eine Flasche eisgekühlte Coke. Ich befürchte, wir fühlen uns so selten durstig, weil wir so selten an den Punkt kommen, uns mit uns selbst konfrontieren zu müssen.

Facebook hat angekündigt, seinen Algorithmus für den Newsfeed ändern zu wollen. Posts von Konzernen und Verlagen sollen weiter nach unten rutschen, Posts von Freunden und Bekannten weiter nach oben. More meaningful interactions (dt. „bedeutsame Interaktionen“) lautet Zuckerberg’s Mantra für 2018.

Vielleicht sollten wir uns auf der Suche nach unserem Durst diesem Motto anschließen. Weniger Dauerbeschallung, mehr meaningful interactions mit anderen, aber auch mit uns selbst. Mehr Momente finden, in denen wir vielleicht einfach nur da sind. Um dann gespannt zu sein. Auf das umsonst verfügbare „lebendige Wasser“.

Vom anderen Ufer

oder: Markenstrategie für die Kirche

 

„Nur die Kraft und Aura einer guten Marke kann einen vor dem Ausverkauf schützen“
– Rolf Fehlbaum, Verwaltungsratspräsident der Designermöbelmarke Vitra

Wir sind umgeben und beeinflusst von erfolgreichen Marken. Die Marke Seitenbacher steht für schwäbischen Müsli-Genuss, Apple für ikonischen Luxus-Lifestyle, RTL II für gescripteten Pseudo-Alltag, Bosch für deutsche Qualitäts-Maschinen und Greenpeace für die Walrettung. Aber für was steht eigentlich die Marke Kirche? Schräge Orgelmusik? Naive Leichtgläubigkeit? Traditionsreiche Kultur? Je länger ich über diese Frage nachdenke, desto weniger Antworten finde ich. Wir sind irgendwie ein Mischwarenladen mit verschiedensten Meinungen, Vorlieben, Weltanschauungen und Prioritäten.

In der kommenden Woche wird das wieder besonders sichtbar, denn im „Landtag“ der evangelischen Kirche wird besprochen, ob gleichgeschlechtliche Paare in Zukunft auch eine kirchliche Eheschließung feiern dürfen. Bei dieser Diskussion prallen Welten aufeinander. Und das im gesamten Land. Es fliegen attackierend Bibelstellen und Schlagworte durch den Raum, es wird einander sowohl Toleranz als auch Menschlichkeit abgesprochen und es entstehen eisernere Fronten als bei Game of Thrones. So eisern, dass ich verstärkt das Gefühl habe, dass wir uns schon gar nicht mehr gegenseitig ernst nehmen. Die Menschen vom anderen Ufer der Debatte haben wir schon längst ihr „Christsein“ abgesprochen.

Dabei gibt es so viele wichtige Glaubensfragen, in denen wir uns definitiv nicht einig sind. Kleine Kostprobe gefällig?

 

Ich bin überzeugt davon, dass es noch tausend weitere Ufer unter uns Christen gibt. Und das ist auch völlig okay so, denn wir sind keine Verwaltungsgesellschaft im Auftrag der Wahrheit, sondern ein bunter Haufen an Bros und Sis’, die gemeinsam unterwegs sind. Keiner von uns hat die Wahrheit mit Löffeln gefressen, auch nicht, wenn wir versuchen, sie gehoben und gebildet mit Messer und Gabel zu schnabulieren. Und genau mit dieser Haltung sollten wir auch in theologische Diskussionen wie diese hineingehen. Diskussionen sind gut und essentiell wichtig, aber bei Diskussionen geht es nicht darum, zu gewinnen. Unsere Hauptaufgabe als Christen ist es nicht, anderen unsere eigenen Wahrheiten gewaltsam überzustülpen.

Was machen wir also in Zeiten wie diesen mit der Marke Kirche? Jesus selbst gibt da eine Spur vor:

„Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
– Jesus in Johannes 13, 35 (Luther 2017)

Auch 2000 Jahre später ist dieser platt wirkende Spruch in der Konsequenz revolutionär. Jesus ruft uns weg von unseren Ufern hinaus auf den See. Dort, wo wir nicht mehr auf festem Wissen und absolutem Wahrheitsanspruch stehen, sondern aufeinander zulaufen. Was wäre, wenn Kirche dafür stehen würde, dass Menschen mit unterschiedlicher Meinung trotzdem gemeinsam schwimmen und sich nicht nur tolerieren, sondern lieben? Ich kenne uns gut genug, um zu wissen, dass wir das nie ganz schaffen werden, aber es sollte unsere primäre Markenstrategie bleiben. Bist du mit dabei? 

Warum die Kirche keine Designerpfarrer braucht!

Als vor einigen Monaten eine gute Freundin das Kunstwort „Designerpfarrer“ als zukünftige Berufsbezeichnung für mich in den Raum geworfen hatte, musste ich lachen. Vor meinem inneren Auge sah ich einen Typen in einer schnieken Sherlock-Robe mit dem typischen Beffchen genannten weißen Halselement eines Pfarrers, einer Louis-Vuitton-Tasche, glattgebügelten Haaren und strahlend weißen Nike Air Force 1 an den Füßen. Ich lehnte dankend ab, der Begriff lies mich jedoch nicht in Ruhe. Ein bisschen an Farbe scheint die Kirche irgendwie schon verloren zu haben in ihren vielen Jahren. Aber sind Designerpfarrer da die richtige Antwort?

Warum die Kirche keine Designerpfarrer braucht.

Viele Jahrhunderte lange war das Amt des Pfarrers, beziehungsweise von Geistlichen im Allgemeinen, in Europa äußerst angesehen. Spätestens seit dem Prunk-Bischof Tebartz-van Elst ist jedoch auch dem letzten klargeworden, dass sich dieses Blatt vollkommen gewendet hat. Die Zeit des Klerus ist vorbei. Und das ist auch gut so! Nur weil einzelne eine bestimmte Ausbildung genossen haben sind sie definitiv nicht die besseren Menschen. Wir brauchen keine Nike-Schuhträger. Wir brauchen keine Persönlichkeiten, die uns in Äußerlichkeiten, Selbstüberschätzung und Stolz Vorbilder sind. Davon haben wir genug in unserer Gesellschaft. Wir brauchen keine Designerpfarrer.

Am vergangenen Donnerstag hatte ich das Privileg einige frisch angehende Theologiestudenten kennenzulernen. Alles großartige und leidenschaftliche Menschen. Aber wir sind alle nicht perfekt. Wir werden auch nach 9 Semestern Studium keine Ostereier-legenden Weihnachts-Wollmilchsäue sein, auch wenn sich das Kirchenrat und Gemeinden vielleicht so wünschen. Wir brauchen auch definitiv keine Designerpfarrer. Wir brauchen verschiedene Charaktere, die sich gegenseitig ergänzen.

Was wir aus meiner Sicht ebenfalls nicht brauchen ist einfach nur mehr Style. Nur mit schönen Gebäuden – sorry, ich meine natürlich „Locations“, ansprechenden Flyern, hippen englischen Namen für Gottesdienste und mehr Bass in der Musik werden wir nicht plötzlich wieder relevant für Menschen. Wir machen alles vielleicht ein bisschen hübscher, in erster Linie dienen wir damit aber uns selbst und unserem ästhetischen Anspruch. Wir brauchen also auch keine Designerkirchen.

Warum die Kirche vielleicht doch Designerpfarrer braucht.

Der Unterschied zwischen Design und Kunst besteht darin, dass der Künstler seine Kunst zum Selbstausdruck nutzt und damit in erster Linie für sich selbst gestaltet. Der Designer hingegen arbeitet grundsätzlich für andere. Er hat einen klaren Auftrag, einen Auftraggeber und eine Zielgruppe im Blick, die mit dem Design konfrontiert werden wird.

Aus diesem Blickwinkel gesehen wünsche mir dann doch definitiv mehr Designerpfarrer für unsere Kirchen. Mehr Menschen, die aktiv gestalten wollen und dabei keine fromme Kunst machen, sondern ganz die Zielgruppe und den Auftrag im Blick behalten. Mehr Menschen, die darum ringen, in unserer Zeit Heimat für Suchende und Heimatlose zu schaffen und das Gute, das wir erlebt haben, für sie verständlich machen. Designer eben. Und davon nicht nur Pfarrerinnen und Pfarrer.

„Designerpfarrer“ – im Endeffekt habe ich dann meinen Blog so getauft. Vielleicht gerade deshalb, weil der Begriff so zweischneidig ist und irgendwie aufstößt. Vielleicht, weil er meinen inneren Spagat zum Ausdruck bringt. Vielleicht aber auch nur, weil ich Wortspiele liebe.

Ich glaub schon?!

Ein Bekenntnis zum Credo.

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg macht vieles sehr gut. Marketing gehört eher zu den weniger ausgeprägten Stärken. Die aktuelle Kampagne steht unter dem Motto „Ich glaub schon“. Dieser Slogan soll laut eigenen Aussagen ausdrücken, dass Glaube und Nachdenken zusammengehören. So sehr ich den Gedankengang dahinter begrüße – natürlich gehören Glaube und Nachdenken zusammen – dieser Aussagesatz klingt eher nach dem vollkommenen Gegenteil. Nach blindem Übernehmen von Inhalten, die irgendwer irgendwann einmal aufgestellt hat. Nach fehlender Bereitschaft zu reflektieren und zu einer eigenen Meinung zu kommen. Nach einer Lobeshymne an die Bekenntnislosigkeit.

Dabei ist es heute wichtig denn je, dass wir formulieren können, an was wir glauben. Das gilt für Christen gleichermaßen wie für Muslime, Juden, Agnostiker und Atheisten. Jede noch so kleine Werbeagentur präsentiert ein Bekenntnis und Werte auf ihrer Website, jede Firma ein Mission Statement, das verbalisiert, wofür sie arbeitet. Die christlichen Kirchen haben mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis eine gemeinsame Grundlage. Auch der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) formuliert in seinem Selbstverständnis eine Art Credo. Diese Texte sind hilfreich, nehmen uns aber nicht die Aufgabe ab, darüber nachzudenken, an was wir ganz persönlich glauben.

Denn wie sollen wir uns gegenseitig verstehen, wertschätzen und als Gesellschaft zusammenwachsen, wenn wir nicht artikulieren können, wie wir die Welt sehen? Wie können wir ernsthaft davon ausgehen, dass wir ernstgenommen werden, wenn wir lediglich ein „Ich glaub schon“ über die Lippen bringen? Nimm dir doch einmal die Zeit, um in Worte zu fassen, woran du glaubst. Ganz egal, ob da ein höheres Wesen involviert ist oder nicht. Aus Erfahrung sage ich: Das lohnt sich!

Der nachfolgend illustrierte Text ist schon mehrfach im Laufe der Zeit verändert worden und hat keinerlei Anspruch auf völlige theologische Korrektheit oder absoluten Wahrheitsgehalt. Ganz im Gegenteil. Er ist eine bloße Momentaufnahme von dem, an was ich persönlich glaube.

WTF?! Warum studierst du jetzt Theologie?!

Ich liebe meinen Job. Als Teenager habe ich davon geträumt, ein Designer zu sein. Menschen Dinge verständlich machen. Konzepte austüfteln. Sich auf immer neues einlassen. Begeistern. Die Welt ein bisschen hübscher machen. Und bisher kann ich sagen: Der Beruf hält, was er verspricht.

Ich bin schon immer ein Mensch, der Spiritualität sucht und gleichzeitig auch kritisch hinterfragt. Deshalb lag das Thema Theologiestudium schon häufiger auf meinem inneren Tisch. Jedoch bisher immer nur wie eine in Comic Sans auf gelbem Papier gedruckte Broschüre, die danach schrie, aussortiert zu werden. Zu altbacken. Zu lange. Zu sehr an die komplizierte Struktur der Kirchen angepasst. Das Outfit eines Gemeindepfarrers war mir auch irgendwie nicht bunt genug. Und überhaupt: Braucht es für eine solche Entscheidung nicht eine eindeutige Berufung?

Abschlussphasen wie das Ende meines Informationsdesign-Studiums sind immer auch Phasen der Selbstreflexion. Anfang Januar stellte sich in mir deshalb eine tiefe, unerwartete innere Unruhe ein. Da drängte sich wieder dieser Gedanke auf: Theologiestudium – wäre das nicht was für die nächsten Jahre? Eigentlich reizt dich doch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit spirituellen Themen enorm! Und eigentlich wäre Designerpfarrer doch echt eine Kombination, die voll und ganz zu deiner Persönlichkeit passt.

Ich wurde misstrauisch. Bestimmt wieder eine Kurzschlussreaktion, bedingt durch irgendwelche inspirierenden Gespräche der letzten Monate oder durch motivierende Reden der Gebetshaus-Konferenz zwei Wochen zuvor. Trotzdem war nach diesen schlaflosen Nächten klar, dass ich zumindest einmal genauer hineinschauen muss. Die Option als realistische Möglichkeit prüfen, ohne das Ganze mit dem Verweis auf mein erfüllendes Berufs- und Privatleben in den gedanklichen Papierkorb zu werfen. Ich hatte das Gefühl, dass Gott persönlich mich dazu auffordert, diesem Gedanken nachzugehen.

Dieses Nachgehen hat gedauert. Rund vier Monate lange habe ich mit Freunden, Wegbegleitern, Hobby- und Berufs-Theologen und der Family gemeinsam gerungen. Keine Einzige Person unter dem Dutzend Menschen, das auf meiner Gesprächsliste stand, war überrascht über meine Gedanken, was mich wiederum sehr überrascht hat. Ich sei schon immer ein spiritueller Mensch auf der Suche nach Gott gewesen und dieses Studium eine logische Konsequenz daraus. Logisch erschien mir das Ganze eher nicht. Kann ich es wirklich mit mir selbst vereinbaren, gegen jegliche Konventionen ein zweites Studium anzufangen, das erst einmal überhaupt gar nichts mit meiner ersten Profession, die ich liebe, zu tun hat?

Ich glaube folgendes: Wir brauchen mehr Mut zur Absurdität. Um unseren Enkeln eines Tages begeistert von unserem bunten Leben erzählen können müssen wir auch bereit sein, Farbkontraste zu setzen. Müssen wir bereit sein, Dinge selbst zu entscheiden, anstatt abzuwarten, bis sie für uns entschieden werden. Müssen wir Neues wagen anstatt das zu tun, was wir sowieso instinktiv tun würden. Vielleicht bedeutet dieses Neue, der erste Designerpfarrer zu werden, vielleicht bedeutet es aber auch nur, alles studiert zu haben, wofür ich Leidenschaft habe. In zwanzig Jahren möchte ich jedenfalls auf meine ganz eigene, kantige und spannende Lebensreise zurückschauen anstatt auf einen perfekten Lebenslauf. Und du?