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#Apokalypse2060

Oder: Hoffnungsvoll in die Zukunft.

49% Schwund der Mitgliederzahlen bis 2060 prognostiziert die Universität Freiburg also. Und die kirchliche Welt schreckt plötzlich auf, als würde man die Hiobsbotschaft zum ersten Mal hören. Manchmal fühle ich mich ernsthaft wie in einer Herde Klimaleugner. Da werden konsequent die Augen vor der Realität verschlossen. Da wird ein „weiter so, aber bisschen besser“ als einzig denkbarer Lösungsvorschlag in den Ring geworfen. Da werden natürliche Ursachen als Sündenbock vorgeschoben, wie etwa der demographische Wandel.

Man stelle sich einmal vor, Daimler würde eine solche Pressemitteilung herausgeben: 

Das Demographie-Problem ist akut. Die Senioren, die unsere allseits geliebte und heilige E-Klasse bisher kauften, werden leider immer weniger. Wir arbeiten aber bereits an einem E-Klasse-Modell mit 400 PS, das für junge Menschen attraktiv sein wird.

Ich würde den Konzern auslachen, denn ich will keine E-Klasse. Ich will, dass sie sich gefälligst überlegen, wie die Mobilität der Zukunft aussieht.

Liebe Evangelische Landeskirche in Württemberg. Meine Generation möchte keinen Sonntagmorgen-Gottesdienst, den wir nur ein kleines bisschen getunt haben. Selbst unter den sog. hochreligiösen (Definition) in meinem Umfeld gehen nach meiner Erfahrung eigentlich nur die Theologiestudierenden regelmäßig in einen unserer Gottesdienste. Wir müssen endlich davon wegkommen, in ihm den alleinigen Mittelpunkt kirchlichen Lebens zu sehen. Ich will, dass wir uns gefälligst endlich gemeinsam überlegen, wie Glaube und Spiritualität in Zukunft aussehen können.

Dafür brauchen wir den Mut, die Finanzen und die Pioniere für kirchliche Start-Ups, in denen auf der Suche nach der Kirche von Morgen mit mehr Freiheit experimentiert werden darf. Wir brauchen statt Veranstaltungs-Feuerwerken einen klareren Fokus auf Beziehungen. Wir brauchen besseres Marketing und Experten für Digitalisierung. Wir müssen Ehrenamtliche vor Ort stärken, ermutigen und befähigen, statt sie strukturell in ihrer Arbeit zu behindern. Wir müssen jetzt aber vor allem ertappt innehalten und hinhören. Darauf, was die Menschen tatsächlich brauchen und darauf, was Gott von uns als Kirche möchte.

Ich bleibe in alle dem hoffnungsvoll. Hoffnungsvoll, weil ich Menschen sehe, die schon jetzt neue Pflanzen in die Erde stecken wie Wall-E nach der Rückkehr zur Erde. Hoffnungsvoll, weil ich nach wie vor immenses Potential in der Evangelischen Landeskirche sehe. Hoffnungsvoll, weil drohende Apokalypsen oft Neuanfänge mit sich bringen. Hoffnungsvoll, weil ich weiß, dass die Bewegung um den Zimmermann aus Nazareth letztlich nicht unser Projekt ist, sondern Gottes.