Tawq – App für Deeptalk

Tawq ist eine iOS-App, die ich mit meiner Frau gemeinsam entwickelt habe. Sie bietet mehr als 200 Fragen, die euch zum Gespräch über wichtige und spannende Themen eurer Beziehung anregen: Familie, Sexualität, Finanzen und Charakter sind nur vier der insgesamt 13 Kategorien, aus denen ihr euer individuelles Kartenset zusammenstellen könnt. Tawq ist ein Herzensprojekt und deshalb komplett kostenlos, werbefrei und ohne Tracking.

BasisBibel. Ein Design-Review.

Lange gewartet, nun ist sie endlich da: Die Komplettausgabe der BasisBibel. Bisher war die als „Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert“ beworbene Übersetzung nur für das Neue Testament und die Psalmen verfügbar. Ab 21. Januar 2021 kommt nun das Alte Testament dazu und damit werden gleich zwei Ausgaben veröffentlicht: „Die Komfortable“ und „die Kompakte“. Die Deutsche Bibelgesellschaft hat mir die beiden Ausgaben zugeschickt und mich gebeten, mir das Design einmal anzuschauen. Bitteschön!

Der Text: Einfach und Verständlich

Was mir seit jeher an der BasisBibel gefällt ist die leichte, zeitgemäße Sprache. Diesen Text kann man flüssig in heutigem Deutsch lesen, ohne dass er durch eine zu freie Übertragung an Gehalt verliert.

Ein kleines Textbeispiel zu Rut 1,8-10 verdeutlicht das:

Lutherbibel 2017

[…] sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. Der Herr gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten und sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen

BasisBibel 2021

Unterwegs sagte Noomi zu ihren Schwiegertöchtern: „Kehrt um! Geht zu euren Müttern zurück! Der Herr soll euch genauso lieben, wie ihr die Verstorbenen und auch mich geliebt habt. Er soll dafür sorgen, dass ihr ein neues Zuhause findet bei neuen Ehemännern. Noomi küsste die beiden. Aber sie weinten laut und baten Noomi: „Lass uns mit dir zu deinem Volk zurückkehren!“

Es wird schnell ersichtlich: Die BasisBibel will keine Poesie und nicht schillernd klingen. Sie nutzt kurze Sätze, einfache Worte und übersetzt nicht nur Begriffe, sondern such nach Formulierungen im heutigen Deutsch (vgl. Barmherzigkeit -> Liebe). Falls sie einmal auf weniger geläufige Begriffe oder christliche Spezialausdrücke zurückgreift, werden diese blau markiert und in einer Marginalspalte laufend neben dem Text erklärt. Dieses Konzept ist meiner Meinung nach ein Gamechanger und erspart uns allen das Public Shaming, wenn alle in einem Raum „Terebinthen-Tal“ lesen und jeder und jede sich denkt: „Kein Plan, was das ist, aber die anderen wissen’s bestimmt…“

Es sind aber auch die kleinen, gestalterischen Details, die in bei der BasisBibel gefallen. Neben einer Kapitelüberschrift wird deren Ausdehnung in kleinen, dunkelgrauen Zahlen gedruckt, statt visuell auf einer Ebene, in den sog. Alphabetpsalmen werden die Buchstaben in blau mit angegeben, um die Struktur zu verdeutlichen, längere Zitate oder Aussprüche werden optisch eingerückt. Da hat sich jemand Mühe gemacht.

Die Marginalspalte ist definitiv das Killer-Feature der BasisBibel. Auch im Alten Testament.

Die Komfortable: Das Flagschiff-Modell

Kommen wir zu den beiden Ausgaben. Die Komfortable ist das iPhone 12 Pro Max unter den Bibeln: Sieht geil aus, ist viel besser lesbar, aber klobig und schwer.

Das minimalistische Kreuz des Covers zieht sich über den Schnitt an allen vier Seiten der Bibel durch bis auf die Rückseite. Da gibt es nicht zu diskutieren: Das ist optisch ein echter Liebesbeweis. Die beiden dicke Bändchen als Lesezeichen wirken hochwertig, das Hardcover macht sich schick im Bücherregal und auf dem Nachttisch.

Im Layout spielt die BasisBibel hier ihre volle Stärke aus. Jeder Gedankenabschnitt bekommt eine eigene Zeile – für mich fast eine kleine Revolution. Das macht den Text noch besser zugänglich, noch leichter lesbar und hilft bei der visuellen Orientierung. In-der-Zeile-Verrutschen ist hier quasi unmöglich, das macht den Satz ideal zum Vorlesen. Der Text ist außerdem ein kleines bisschen Größer als im kleinen Bruder. Dafür bekommt man pro Doppelseite aber auch nur rund 20 Verse unter. Außerdem besonders an diesem „Pro“-Modell: Jedes Buch der Bibel hat einen kompakten, ca. 2-Seitigen Einleitungstext, der einen hilfreichen Überblick über den Text gibt.

Der Begriff „komfortabel“ wäre nicht meine erste Assoziation beim Auspacken gewesen. Dafür ist diese Ausgabe zu schwer und auch zu Groß. Unvorstellbar, so einen Wälzer im Rucksack in der UBahn (was war das nochmal) mit sich herumzutragen. Auf Kinder und Jugendliche als Hauptzielgruppe zielt diese Edition wohl auch nicht ab, denn kleine Hände könnte dieses Geschoss überfordern. Sie ist wohl eher sowas wie das stylische Sammlerstück für designverliebte Stubenhocker – also perfekt für mich, geeignet für den mobilitätslosen Lockdown und auch durchaus als optisches Schmankerl für den Altar und zum Vorlesen im Gottesdienst geeignet – auf letzteren Einsatz zielt vermutlich auch die lila Ausgabe, deren Farbe so furchtbar nach Landeskirche schreit, dass sie wohl auch nur dort verkauft werden wird. Daneben gibt es die sehr stylische rote Ausgabe, die an klassisches Schweizer Design erinnert.

Die Kompakte: Der Alltagsbegleiter

Die Kompakte ist die Basis-BasisBibel und wird der Bestseller. Sie kommt deshalb auch gleich in drei knallig-poppigen Farben in den virtuellen Buchladen: Grün, Pink und Hellblau. Die von Bibeln gewohnten Maße und das viel (viel!) leichtere Gewicht machen sie zur ersten Wahl für Event-Hopper, Bagpack-Fetischisten und Always-On-Bibelleser.

Im Layout lässt die kleinere Variante den Text klassisch im Blocksatz fließen. Das ist grundsätzlich immer noch hervorragend gesetzt und gut leserlich, aber vom größeren Modell ist man schnell verwöhnt.

Das halbelastische Cover fühlt sich sehr gut an – fast besser als das Hardcover der Komfort-Ausgabe. Enttäuschend ist für mich aber, dass sich das Kreuz hier nicht einmal um das gesamte Buch über den Seitenschnitt hinwegzieht, sondern die Seiten ungefärbt sind. Statt dem farbigen Schnitt gibt es ein optisches Register am Seitenrand. Vor allem in Gruppensituationen, in denen Bibelstellen gemeinsam aufgeschlagen werden ist das eine echte Hilfe für Einsteiger – für mich aber definitiv eine falsche Entscheidung für dieses Modell: Das lässt die BasisBibel wesentlich langweiliger wirken und enthält das ikonische Design fast etwas künstlich dem teureren Modell vor.

Darüber hinweg tröstet auch nicht, dass mit Klappen im Buchrücken an der langen Seite der weiße Schnitt mit grün überdeckt werden kann oder (ausgeklappt) ein Inhaltsverzeichnis erscheint. Dieses Teil ist bei mir aber nach den ersten paar Einsätzen bereits so durchgenudelt, dass ich den starken inneren Drang verspüre, es herauszureißen. In einem typischen Gemeindehaus, so befürchte ich, sehen diese neuen Kompakt-BasisBibeln ruck-zuck aus wie mein Collegeblock zu Schulzeiten.

Schade finde ich auch, dass in der Kompaktausgabe die Einführungstexte in die einzelnen Bücher nicht enthalten sind.

Die Klappen sind eine gute Idee, die aber zu schnell scheiße aussehen und nerven.

Fazit

Verständlich. Stylish. Zeitgemäß. Die BasisBibel wird zurecht gerne in der Konfirmanden- und Jugendarbeit genutzt. Aber Hand auf’s Herz: Selbst ich als Theologiestudent ziehe diese Bibel der aktuellen Überarbeitung der Lutherbibel von 2017 vor. Mit der Gesamtausgabe verbinde ich die große Hoffnung, dass auch in unseren Gottesdiensten, in Andachten, bei Beerdigungen und Trauungen endlich verständlichere Bibeltexte zum Einsatz kommen, die für Menschen heute auch durch bloßes Hören verständlich sind. Man darf gespannt sein – und vorerst eher mal zum Pro-Modell Die Komfortable greifen. Unterwegs ist aktuell eh niemand 😉

Von Wahlkrämpfen

Oder: Was ich von der Kirchenwahl mitnehme

18:00 Uhr. Ich sitze im Zug von Stuttgart nach Tübingen. Zwei Diskussionsrunden mit FSJlern liegen hinter mir, eine mit Studenten kommt an diesem Tag noch. Ich fühle mich angespannt. Nicht aufgeregt, aber mit dem unterschwelligen Gefühl, kämpfen zu müssen. 

Ich merke an mir selbst, dass mich dieser Wahlkampf im Denken beeinflusst. In mir Schubladen einbaut als wäre ich ein MALM-Schrank, der ohne Schubladen gar keinen richtigen Halt hat. Plötzlich ertappe ich mich dabei, ganze Ortschaften Gesprächskreisen zuzuordnen. In „die“ und „wir“ zu formulieren. Wie destruktiv ist das denn? So wollte ich doch nie werden. Meine Schranktüren fühlen sich an wie abgeschlossen, weil ich taktisch vorgehen muss, denn ich fühle mich katalogisiert, einsortiert, mit Papiermaßband und Holzbleistift ausgemessen. In Pausen wie dieser Zugfahrt spüre ich die Wahlkrämpfe in Magen und Herz. 

Versteh’ mich nicht falsch. Ich schätze es sehr, wie demokratisch verfasst unsere Kirche im Blick auf die Synode ist. Und ich lieb’ meine Gurkentruppe von Kirche für morgen. All’ die Querdenker, Aufbrecher, Optimisten und Reformer. Die Sehnsucht nach Aufbruch. Die frischen Ideen. Dafür bin ich gerne in einen Wahlkampf getreten. Gleichzeitig schwirrt dieses Statement von Jesus in meinem Kopf herum: „An der Liebe untereinander werden sie erkennen, dass ihr zu mir gehört“. Mh. Liebevoller hat mich diese ganze Wahlsache sicher nicht gemacht. An einigen Stellen war ich unfair und polemisch. Wie bekomme ich das zusammen? Klar für etwas zu einstehen und das andere trotzdem voller Liebe auszustehen? Politisch positioniert zu sein und trotzdem nicht in Schubladen zu denken? Vermutlich gar nicht aus eigener Kraft. Vermutlich braucht es da den, der um mein eigenes Herz Wahlkampf macht.

Der Zug ist angekommen.
Tübingen Hauptbahnhof.
Die Wahlkampfphase vorbei. 

Was bleibt von dieser Zeit? Zwölf Plätze für Kirche für morgen. Für mich kein Platz, dafür drei Punkte, die ich mitnehme.

  1. Ich will häufiger Position beziehen. Ich bin eher Diplomat als Wahlkämpfer. Manchmal bin ich aber nur unparteiisch, weil mir Dinge gleichgültig sind oder ich nirgends anecken möchte. Das ist feige und bringt uns als Kirche nicht weiter. 
  2. Ich will liebevoller mit anderen Positionen umgehen. Ich lieb’ es eigentlich an meiner Kirche, dass hier unterschiedlichste Menschen zusammenkommen. Wenn Meinungen aber weit auseinander fallen ist das nicht so einfach. Positionen erst einmal ohne Urteil stehen lassen zu können ist ein Skill, den ich einüben will.
  3. Ich will weiter für Einheit und Aufbruch beten. In den Monaten vor der Wahl haben wir immer Mittwochs für unsere Kirche gebetet. Das will ich beibehalten, weil es meine Einstellung zur Landeskirche zum Positiven verändert. Und weil ich glaube, dass wir Gottes Hilfe brauchen.

Into the unknown.

Von Eisköniginnen, Stimmen im Kopf und Musik.

Ich sag’s mal so: Die Story von Disneys Die Eiskönigin 2 hat mich nur bedingt überzeugt. Dieser ganze 4-Elemente-Wahnsinn bewegte sich aus meiner Sicht auf recht dünnem Eis. Aber hey, die Heldenreise als Storytelling-Plot funktioniert trotzdem und es gab viele klassische Disney-Momente zum Weinen. Was will man mehr?

Zeige dich.

Es gab noch deutlich mehr. Die Musik zum Beispiel. Besonders die Texte haben mich beschäftigt. Zeige dich beispielsweisekönnte so auch in einem christlichen Musical vorkommen. Mich fasziniert, wie hier im Prinzip Glaubenszweifel thematisiert werden – ein Thema, das in christlicher Popularmusik leider viel zu wenig behandelt wird. Können wir hier als Kirche von Disney lernen? 


Into the unknown.

Musikalisch besonders fesselnd finde ich den Titelsong Into the unknown. Ich kenne es aus meinem eigenen Leben. Dieses Gefühl, dass eine Stimme mich in unbekanntes Terrain treibt. Eine Stimme, die irgendwie bekannt aber zugleich auch völlig fremd und disharmonisch ist. Die abwegige Dinge von mir fordert. Die ich im Alltag oft ignoriere. Die trotzdem immer wieder zu mir durchdringt. Bei der ich mir immer die Frage stelle: Soll sie mich nur ablenken oder gibt es da draußen jemand, der mit mir Kontakt aufnehmen möchte? Bist du da draußen? Kennst du mich? Fühlst du mich? Kannst du mir den Weg zeigen?


Wir stehen als Kirche vor spannenden Zeiten. Umbruchszeiten. Ich wünsche mir, dass wir in diesen Zeiten eine Kirche sind, die auf diese sanfte Stimme hört. Die nicht einfach ihr Ding durchzieht. Die nicht sagt: Alles, was ich liebe ist doch hier hinter diesen Mauern. Sondern eine Kirche, die mutig ins Unbekannte aufbricht. Dieses Hinhören, Wahrnehmen und Aufbrechen fängt bei jedem von uns im Kleinen an. Lasst uns der Stimme nachfolgen. Into the unknown. 

Auf’s Ohr.

oder: Podcast-Tipps rund um Glaube, Kirche & Spiritualität

Podcasts sind mein Lieblingsmedium. Weil man sie einfach überall konsumieren kann: Am Stehplatz in der vollgequetschten S-Bahn, beim Aufhängen meiner bunten Hosen nach der Waschmaschine, beim Pixelschubsen auf dem Bildschirm für eine neue Website. Hier kommen meine Podcast-Favoriten für alle, die sich für Glaube, Kirche und Spiritualität interessieren.

Frischetheke

Der deutsche Fresh X – Podcast. Katharina Haubold und Rolf Krüger haben hier spannende Gäste eingeladen, und bieten frische Ideen für die Kirche an der Theke. Wer inspiriert werden will, dem sei dieser Podcast ans Herz gelegt.

Hossa Talk

Jay Friedrichs und Goofy Müller erklären die Welt. Zumindest aus ihrer Sicht. Spannende Gäste, „heißen Eisen“ und Out-Of-The-Box-Denken für Christen, die gerne kritisch nachfragen. Ein Must-Hear.

Wortkollektiv

Die Theo-Studentinnen Friederike & Svenja Nordholt reden mit Gästen über verschiedene Themen und lassen die Gäste dann im Anschluss predigen. Ideal vor allem für Theo-Studis.

Ecclesiopreneur Podcast

Silas Gebhardt hat Unternehmer-Charaktere zu Gast und redet mit ihnen über die Frage, wie Kirche heute wieder relevant werden kann. Spannend für alle, die Innovation lieben.

Worthaus

Ein Kollektiv von Theologie-Professoren, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Uni-Theologie für alle zugänglich zu machen. Hörenswert für an Theologie interessierte, die keine zwölf Semester Zeit für ein Studium haben.

Radikale Reformation

Vorsicht Nerd-Alarm. Jens Spangenberg referiert in kleinen Häppchen über ein Nischenthema der Kirchengeschichte: Den linken Flügel der Reformation und seine Vertreter.

Faszination Jesus

Eine kurzweilige Stunde rund um Gebet, Glaube und Christentum mit dem Leiter des Gebetshaus Augsburg. Hochbegabter Redner und spannende Perspektiven. Tipp für alle.

Sein und Streit

Das Philosophie-Magazin des Deutschlandfunk ist eine super Anlaufstelle für die wöchentliche Extra-Dosis an Horizontausdehnung. Empfehlenswert für theoretisch veranlagte Personen.

Tischgespräche

Zwei Männer. Ein theologisches Thema. Die Pastoren Knut Nippe und Malte Detje reden über Themen und versuchen im Horizont der Reformation Antworten auf Fragen zu finden. Interessant für Leute mit wenig Zeit und theologischem Interesse.

The Liturgists

Michael Gungor und Science Mike schauen auf Themen aus der Sicht von Naturwissenschaft, Glaube und Kunst. Hochspannende Gedanken – auch für Menschen, die dem Christentum kritisch gegenüberstehen. Auf Englisch.

Fluide Kirche

Jens Spangenberg denkt darüber nach, wie Kirche im Aggregatszustand der heutigen Gesellschaft gedacht werden muss und was das für Implikationen haben müsste. Spannend für abstrakte Denker.

Cantico – Kommentar zur Gesangbuch-App

Gestern hat die Evangelische Landeskirche im Württemberg die lang erwartete Gesangbuch-App Cantico für iOS (Android soll folgen) herausgebracht, welche Noten, Texte und Aufnahmen von den 33 wichtigsten Liedern (sog. Kernliedern) des Gesangbuchs enthalten.

Kommentar zur App

Grundsätzlich finde ich diese Idee sehr begrüßenswert, denn dank SongSelect und Plattformen wie Ultimate Guitar ist es in vielen Kirchen mit modernerem Liedgut längst üblich, zumindest Akkorde und Liedtexte auf dem iPad mit sich herumzutragen. Selbst die Zeugen Jehowas bieten entsprechende Funktionen schon lange in ihrer App.

Uns war es wichtig […], schnell mit einem Minimum Viable Product (MVP) am Markt sind, von der Nutzererfahrung profitieren und unser Produkt agil und nutzerzentriert weiterentwickeln können. Dazu gehören alternative Oberflächendesigns […].

Johannes Quirin, Geschäftsführer des Stuttgarter Startups Kohelet 3 GmbH & Co.
Liedliste, Beschreibung und Downloadfunktion sind auf gleicher Bedienebene

Für mich bedeutet dieses Pressestatement im Klartext: „Wir haben bisher das User-Interface-Design völlig ignoriert und warten nun darauf, dass sich Menschen dazu kritisch äußern“. Das möchte ich hiermit tun.

Nicht nur der falsche „im Mac-App-Store- laden“-Button auf der Website [Update vom 16.05. Button wurde ausgetauscht], sondern auch die vom Web inspirierte Akkordeon-Menüführung deuten für mich auf eine nicht ausreichende Beschäftigung mit gängigen Interface-Konzepten auf Smartphones hin. Hier braucht es eine bessere Navigation, Beschriftung der Abspielbuttons, bessere Icons (warum versteckt sich der Liedtext hinter einem „i“?) und mehr Weißraum um die Texte und Noten.

Einige erste Bugs wie der links dargestellte sollten schnell behoben sein. Das Liederbuch für den Kirchentag allerdings für 60% mehr zu verkaufen als die gedruckte Variante halte ich auch für durchaus schwierig zu rechtfertigen.

Was mir an Cantico allerdings sehr gut gefällt ist, dass die Notendarstellung sauber auf der Bildschirmgröße skaliert und damit nicht einfach ein PDF-Viewer für Notenblätter ist.

Ich bin gespannt, wie sich die App weiter entwickeln wird und hoffe auf eine baldige Verstärkung des Entwicklerteams um eine DesignerIn. Denn bei einer Smartphone-App ist das Design das Produkt.

App-Tipps rund um das Thema Musik & Kirche

Ergänzend dazu noch einige App-Tipps unter der Hand für Musiker im kirchlichen Kontext.

Onsong

App mit SongSelect-Integration mit allem, was das Band-Herz begehrt: Integration von quasi allen existierenden Datenquellen, Sync für’s gemeinsame Musizieren, Beamerausgabe, Hardware-Unterstützung für Pedale und Arrangement von Sammlungen. Mehr Infos.

Ultimate Guitar

Leichter Zugriff auf die sehr große Liedbibliothek mit Akkorden und Tabs direkt vom iPad aus. Mehr Infos.

Songbook+

Verwaltung von Songs in verschiedenen Formaten, Automatische Einstellung von MIDI-Geräten, Hardware-Unterstützung für Pedale, Musik-Log Abrechnung für die Gema, etc… Mehr Infos.

#Apokalypse2060

Oder: Hoffnungsvoll in die Zukunft.

49% Schwund der Mitgliederzahlen bis 2060 prognostiziert die Universität Freiburg also. Und die kirchliche Welt schreckt plötzlich auf, als würde man die Hiobsbotschaft zum ersten Mal hören. Manchmal fühle ich mich ernsthaft wie in einer Herde Klimaleugner. Da werden konsequent die Augen vor der Realität verschlossen. Da wird ein „weiter so, aber bisschen besser“ als einzig denkbarer Lösungsvorschlag in den Ring geworfen. Da werden natürliche Ursachen als Sündenbock vorgeschoben, wie etwa der demographische Wandel.

Man stelle sich einmal vor, Daimler würde eine solche Pressemitteilung herausgeben: 

Das Demographie-Problem ist akut. Die Senioren, die unsere allseits geliebte und heilige E-Klasse bisher kauften, werden leider immer weniger. Wir arbeiten aber bereits an einem E-Klasse-Modell mit 400 PS, das für junge Menschen attraktiv sein wird.

Ich würde den Konzern auslachen, denn ich will keine E-Klasse. Ich will, dass sie sich gefälligst überlegen, wie die Mobilität der Zukunft aussieht.

Liebe Evangelische Landeskirche in Württemberg. Meine Generation möchte keinen Sonntagmorgen-Gottesdienst, den wir nur ein kleines bisschen getunt haben. Selbst unter den sog. hochreligiösen (Definition) in meinem Umfeld gehen nach meiner Erfahrung eigentlich nur die Theologiestudierenden regelmäßig in einen unserer Gottesdienste. Wir müssen endlich davon wegkommen, in ihm den alleinigen Mittelpunkt kirchlichen Lebens zu sehen. Ich will, dass wir uns gefälligst endlich gemeinsam überlegen, wie Glaube und Spiritualität in Zukunft aussehen können.

Dafür brauchen wir den Mut, die Finanzen und die Pioniere für kirchliche Start-Ups, in denen auf der Suche nach der Kirche von Morgen mit mehr Freiheit experimentiert werden darf. Wir brauchen statt Veranstaltungs-Feuerwerken einen klareren Fokus auf Beziehungen. Wir brauchen besseres Marketing und Experten für Digitalisierung. Wir müssen Ehrenamtliche vor Ort stärken, ermutigen und befähigen, statt sie strukturell in ihrer Arbeit zu behindern. Wir müssen jetzt aber vor allem ertappt innehalten und hinhören. Darauf, was die Menschen tatsächlich brauchen und darauf, was Gott von uns als Kirche möchte.

Ich bleibe in alle dem hoffnungsvoll. Hoffnungsvoll, weil ich Menschen sehe, die schon jetzt neue Pflanzen in die Erde stecken wie Wall-E nach der Rückkehr zur Erde. Hoffnungsvoll, weil ich nach wie vor immenses Potential in der Evangelischen Landeskirche sehe. Hoffnungsvoll, weil drohende Apokalypsen oft Neuanfänge mit sich bringen. Hoffnungsvoll, weil ich weiß, dass die Bewegung um den Zimmermann aus Nazareth letztlich nicht unser Projekt ist, sondern Gottes.

Zwölf Megapixel Wirklichkeit, bitte!

oder: Von Fotografie, #nofilter-Blasen und Sammelwut.

Selfie or it didn’t happen!

„Was für eine lächerliche Redewendung der Jugendsprache“, denke ich mir. Ich schaue auf die Insta-Girls und Snapchat-Filter-Faces herab, die mir im Zug gegenübersitzen während ich mich durch die Schlagzeilen der Tagesschau-App wische. Aber halt. Wenn ich ganz ehrlich bin muss ich mir eingestehen, dass ich selbst inmitten dieser Kultur lebe.

Wirklicher als die Wirklichkeit

Vor kurzem hat Apple neue Smartphones auf den Markt geworfen, die zeigen, dass Fotografie schon lange nicht mehr darauf ausgerichtet ist, die Wirklichkeit akkurat darzustellen. Bei jedem Schnappschuss mit einem neuen iPhone Xs wird dieses Foto unglaubliche fünf Billionen Mal automatisch nachbearbeitet. Tiefenschärfe, Weißabgleich, HDR-Kontrastoptimierung, Gesichtsausleuchtung und viele weitere Prozesse werden in Gang gesetzt. Das Ergebnis ist eine Kamera, mit der jeder fantastische Fotos schießen kann. Als Technik-Fanatiker sagt mir das auf der einen Seite sehr zu. Auf der anderen Seite nehmen die Bilder, denen ich täglich auf Instagram & Co begegne fast schon perverse Züge an: Sonnenuntergänge wie live von der Apokalypse, Hochzeiten auf denen das Paar wirkt wie direkt aus dem Rosamunde-Pilcher-Staffelfinale und Portraitfotos einer strahlend weißen Katze nach einer Zahnreinigung auf in Perwoll getränkter, weißer Bettwäsche. Längst sind unsere Fotos schöner geworden als die Wirklichkeit, die sie einfangen sollten. #nofilter längst ein Wunschdenken.

Die Foto-Messy-Generation

Ich erinnere mich noch an die Zeit vor der Digitalkamera. Als im Familienurlaub 2 Fotofilme im Handgepäck schlummerten und überlegt wurde, an welchen Orten welche Motive auf einem der wertvollen Bilder eingefangen werden sollen. Ich hingegen lebe in einer Foto-Messy-Generation. Ich habe so viele Fotos, dass ich mittlerweile eine künstliche Intelligenz dafür brauche, die mir Fotos aussucht, die es sich lohnt noch einmal anzusehen. Trotzdem kann ich nicht aufhören damit, Erinnerungen in Form von Fotos festzuhalten. Weil ich das Gefühl habe, der Moment lohnt sich erst wirklich, wenn er auch abgelichtet ist. Weil ich irgendwie auf eine sehr bizarre Weise mein Erinnerungsvermögen in diese Foto-App verfrachtet habe.

Photographical Detox

Vielleicht brauche ich hin und wieder eine Auszeit von diesem seltsamen Lauf der Dinge. Vielleicht brauche ich so etwas wie „Photographical Detox“. Einen Geburtstag ohne Hipster-Fotobox, eine Reise ohne ein einziges Selfie vor einer Sehenswürdigkeit oder ein 3-Gänge-Menü ohne Dokumentation? Eben schöne Momente zu erleben in der festen Gewissheit, dass sie verfliegen und nicht für die Ewigkeit sind. Vielleicht würde ich dann die Welt wieder mit mehr als zwölf Megapixeln wahrnehmen und dadurch intensiver erfahren. „Einen Versuch ist es wert“, denke ich mir und fotografiere den Blogartikel ab – nur zur Sicherheit.

Kirche als Startup-Inkubator

oder: Der Traum von Raum für neue Ideen

„Focusing on one thing and doing it really, really well can get you very far.“

– Kevin Systrom, Instagram

Die Wetteraussichten für die Kirchen in Deutschland stehen auf Rekordtief. Immer weniger Menschen interessieren sich noch für das wöchentliche Retro-Kultur-Spektakel mit wahlweise Weihrauch- oder Schimmelgemäuer-Beigeschmack. Man könnte – analog zur Politik – von einer echten Kirchenverdrossenheit sprechen. Für die Prognose braucht es keine Propheten: Wir brauchen neue, innovative Ideen. Und mit innovativ meine ich nicht ein bisschen mehr EDM-Musik im Gottesdienst anstelle von alten Chorälen, ein bisschen stylishere Gemeindebriefe anstelle von getackerten A4-Schwarzweißkopien und ein bisschen besseren Kaffee anstelle des günstigsten Lidl-Filterkaffees im 5-Liter-Pumpspender. Nein, es braucht radikal innovative Ideen. 

Auch in der Wirtschaftswelt haben die großen, altehrwürdigen deutschen Tanker wie Bosch, Daimler und die Deutsche Bahn Probleme. Große Läden haben eben oft eine Innovations-hemmende Umgebung. Zu schwerfällig ist das Konstrukt aus Regeln, komplexen Prozessen und vielen Managementschichten. Kleine, schlanke, für ein bestimmtes Ziel gegründete Startups bieten oft besseren Nährboden für neue Ideen und kreative Lösungsansätze. 

Was die Großkonzerne aber von uns als Kirche unterscheidet: Sie sind sich dessen bewusst. Mit sogenannten Inkubatoren stellen sie gezielt Mittel und Rahmen für die Entstehung von neuen Mini-Betrieben bereit und investieren damit in radikalen Wildwuchs. Im Bosch grow-Programm beispielsweise entsteht eine Firma um einen Roboter, der bei der Pflege von Spargel unterstützt, im Daimler Lab1886 die ÖPNV-App moovel, beim Deutsche-Bahn-Inkubator mindbox eine Software, die Passwörter auf dem Handy speichert. Statt sich nur auf die Kernkompetenz zu konzentrieren, wird ein Raum geschaffen, in dem Dinge ausprobiert werden können. Unkonventionelle Dinge. Dinge, die vielleicht gar nicht zur aktuellen Ausrichtung des Unternehmens passen. Dinge, die vielleicht sogar kompletter Bullshit sind und kein bisschen Geld abwerfen werden. Aber es gibt eben nur einen Ort, an dem große Ideen geboren werden: Beim Ausprobieren.

Ich wünsche mir eine Kirche, die auch bereit ist, diesen waghalsigen Schritt zu gehen. Geld, Personal und Raum für komplett neuartige Ideen zu bieten. Jenseits der Agende. Jenseits der bisherigen Strukturen.

In der vergangenen Woche war ich auf Studienreise in Großbritannien und durfte mit ansehen, wie dort die Anglikanische Kirche die diesen Kurs bereits verfolgt. Es wurden großflächige Förderprogramme gestartet, eine Pionier-Ausbildung für Gründer geschaffen und konsequent neue Zielgruppen in Betracht gezogen. Und plötzlich finden sich wieder kreative Pioniere in der Kirche, die Bock darauf haben, neues auszuprobieren: Eine Kirche im Hipster-Café. Eine Kirche, die Obdachlose und Missbrauchsopfer zum gemeinsamen Brotbacken versammelt. Eine Kirche, die sich als Food Market für zugezogene Migranten versteht. Eine Kirche, die Heimat und Austausch für an Demenz Erkrankte und deren Angehörige bietet. 

Viele Ideen von Startups scheitern gnadenlos. In der Wirtschaft genauso wie auch in der Anglikanischen Kirche.

Aber einige fallen auf guten Boden. Und für diese wenigen lohnt sich die Investition. Denn die verrückten, innovativen und kreativen Ansätze von heute entscheiden über die Alltagsrealität von morgen.

Die 4 besten Ausreden dafür, nichts zu tun

Es sind die Sternstunden des Menschseins: Ich weiß genau, was zu tun wäre – tue aber trotzdem nichts. Warum ist das so? Meistens haben wir eloquent verpackte Phrasen in unseren Köpfen, die im Endeffekt meistens auf die folgenden immerwährenden Top 4 der miesesten Ausreden zurückführen. Und stecken schon ganz schön lange zwischen den Ohren von Menschen fest. Welche ist deine Standardausrede?  

#1: Dafür bin ich zu jung!

Das kann sein. Aber es gibt leider zu viele Beispiele, in denen Menschen gerade in jungen Jahren absolut bahnbrechende Dinge getan haben, als dass diese Ausrede noch zählten könnte. Besser mal gleich über den eigenen Schatten springen und das Jungsein als Vorteil nutzen. 


#2: Da gibt’s bessere als mich!

Klar gibt es bessere als dich. Wenn aber nur die besten Dinge tun haben wir zu wenig Manpower. Wenn du diese Sache nicht machst, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es niemand macht, als dass sie jemand macht, der das besser kann. Warum also nicht einfach mal anfangen und im Zweifelsfall von den besseren lernen? 

 


#3: Da kann ich nichts dran ändern!

Alleine kannst du den Klimawandel natürlich nicht stoppen. Aber viele großen Probleme kommen davon, dass keiner einen eigenen, kleinen Beitrag dazu leisten möchte. Und selbst wenn Mühen vollkommen vergebens sind, ändert aktives Tun unsere Einstellung gegenüber der Sache zum Positiven. Also fang doch einfach mal an! 


#4: Ich bin jetzt noch nicht bereit!

Zu wenig Geld, zu viel um die Ohren, zu geringes Skill-Level, zu wenig Kaffee intus. Irgendwas ist immer. Die traurige Wahrheit ist: In den meisten Fällen wirst du dich nie ganz bereit für entscheidende Dinge fühlen. Also lieber direkt loslegen und nicht endlos über das Bereitsein nachdenken.