Skip to content

Designer
pfarrer

BasisBibel. Ein Design-Review.

Lange gewartet, nun ist sie endlich da: Die Komplettausgabe der BasisBibel. Bisher war die als „Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert“ beworbene Übersetzung nur für das Neue Testament und die Psalmen verfügbar. Ab 21. Januar 2021 kommt nun das Alte Testament dazu und damit werden gleich zwei Ausgaben veröffentlicht: „Die Komfortable“ und „die Kompakte“. Die Deutsche Bibelgesellschaft hat mir die beiden Ausgaben zugeschickt und mich gebeten, mir das Design einmal anzuschauen. Bitteschön!

Der Text: Einfach und Verständlich

Was mir seit jeher an der BasisBibel gefällt ist die leichte, zeitgemäße Sprache. Diesen Text kann man flüssig in heutigem Deutsch lesen, ohne dass er durch eine zu freie Übertragung an Gehalt verliert.

Ein kleines Textbeispiel zu Rut 1,8-10 verdeutlicht das:

Lutherbibel 2017

[…] sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. Der Herr gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten und sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen

BasisBibel 2021

Unterwegs sagte Noomi zu ihren Schwiegertöchtern: „Kehrt um! Geht zu euren Müttern zurück! Der Herr soll euch genauso lieben, wie ihr die Verstorbenen und auch mich geliebt habt. Er soll dafür sorgen, dass ihr ein neues Zuhause findet bei neuen Ehemännern. Noomi küsste die beiden. Aber sie weinten laut und baten Noomi: „Lass uns mit dir zu deinem Volk zurückkehren!“

Es wird schnell ersichtlich: Die BasisBibel will keine Poesie und nicht schillernd klingen. Sie nutzt kurze Sätze, einfache Worte und übersetzt nicht nur Begriffe, sondern such nach Formulierungen im heutigen Deutsch (vgl. Barmherzigkeit -> Liebe). Falls sie einmal auf weniger geläufige Begriffe oder christliche Spezialausdrücke zurückgreift, werden diese blau markiert und in einer Marginalspalte laufend neben dem Text erklärt. Dieses Konzept ist meiner Meinung nach ein Gamechanger und erspart uns allen das Public Shaming, wenn alle in einem Raum „Terebinthen-Tal“ lesen und jeder und jede sich denkt: „Kein Plan, was das ist, aber die anderen wissen’s bestimmt…“

Es sind aber auch die kleinen, gestalterischen Details, die in bei der BasisBibel gefallen. Neben einer Kapitelüberschrift wird deren Ausdehnung in kleinen, dunkelgrauen Zahlen gedruckt, statt visuell auf einer Ebene, in den sog. Alphabetpsalmen werden die Buchstaben in blau mit angegeben, um die Struktur zu verdeutlichen, längere Zitate oder Aussprüche werden optisch eingerückt. Da hat sich jemand Mühe gemacht.

Die Marginalspalte ist definitiv das Killer-Feature der BasisBibel. Auch im Alten Testament.

Die Komfortable: Das Flagschiff-Modell

Kommen wir zu den beiden Ausgaben. Die Komfortable ist das iPhone 12 Pro Max unter den Bibeln: Sieht geil aus, ist viel besser lesbar, aber klobig und schwer.

Das minimalistische Kreuz des Covers zieht sich über den Schnitt an allen vier Seiten der Bibel durch bis auf die Rückseite. Da gibt es nicht zu diskutieren: Das ist optisch ein echter Liebesbeweis. Die beiden dicke Bändchen als Lesezeichen wirken hochwertig, das Hardcover macht sich schick im Bücherregal und auf dem Nachttisch.

Im Layout spielt die BasisBibel hier ihre volle Stärke aus. Jeder Gedankenabschnitt bekommt eine eigene Zeile – für mich fast eine kleine Revolution. Das macht den Text noch besser zugänglich, noch leichter lesbar und hilft bei der visuellen Orientierung. In-der-Zeile-Verrutschen ist hier quasi unmöglich, das macht den Satz ideal zum Vorlesen. Der Text ist außerdem ein kleines bisschen Größer als im kleinen Bruder. Dafür bekommt man pro Doppelseite aber auch nur rund 20 Verse unter. Außerdem besonders an diesem „Pro“-Modell: Jedes Buch der Bibel hat einen kompakten, ca. 2-Seitigen Einleitungstext, der einen hilfreichen Überblick über den Text gibt.

Der Begriff „komfortabel“ wäre nicht meine erste Assoziation beim Auspacken gewesen. Dafür ist diese Ausgabe zu schwer und auch zu Groß. Unvorstellbar, so einen Wälzer im Rucksack in der UBahn (was war das nochmal) mit sich herumzutragen. Auf Kinder und Jugendliche als Hauptzielgruppe zielt diese Edition wohl auch nicht ab, denn kleine Hände könnte dieses Geschoss überfordern. Sie ist wohl eher sowas wie das stylische Sammlerstück für designverliebte Stubenhocker – also perfekt für mich, geeignet für den mobilitätslosen Lockdown und auch durchaus als optisches Schmankerl für den Altar und zum Vorlesen im Gottesdienst geeignet – auf letzteren Einsatz zielt vermutlich auch die lila Ausgabe, deren Farbe so furchtbar nach Landeskirche schreit, dass sie wohl auch nur dort verkauft werden wird. Daneben gibt es die sehr stylische rote Ausgabe, die an klassisches Schweizer Design erinnert.

Die Kompakte: Der Alltagsbegleiter

Die Kompakte ist die Basis-BasisBibel und wird der Bestseller. Sie kommt deshalb auch gleich in drei knallig-poppigen Farben in den virtuellen Buchladen: Grün, Pink und Hellblau. Die von Bibeln gewohnten Maße und das viel (viel!) leichtere Gewicht machen sie zur ersten Wahl für Event-Hopper, Bagpack-Fetischisten und Always-On-Bibelleser.

Im Layout lässt die kleinere Variante den Text klassisch im Blocksatz fließen. Das ist grundsätzlich immer noch hervorragend gesetzt und gut leserlich, aber vom größeren Modell ist man schnell verwöhnt.

Das halbelastische Cover fühlt sich sehr gut an – fast besser als das Hardcover der Komfort-Ausgabe. Enttäuschend ist für mich aber, dass sich das Kreuz hier nicht einmal um das gesamte Buch über den Seitenschnitt hinwegzieht, sondern die Seiten ungefärbt sind. Statt dem farbigen Schnitt gibt es ein optisches Register am Seitenrand. Vor allem in Gruppensituationen, in denen Bibelstellen gemeinsam aufgeschlagen werden ist das eine echte Hilfe für Einsteiger – für mich aber definitiv eine falsche Entscheidung für dieses Modell: Das lässt die BasisBibel wesentlich langweiliger wirken und enthält das ikonische Design fast etwas künstlich dem teureren Modell vor.

Darüber hinweg tröstet auch nicht, dass mit Klappen im Buchrücken an der langen Seite der weiße Schnitt mit grün überdeckt werden kann oder (ausgeklappt) ein Inhaltsverzeichnis erscheint. Dieses Teil ist bei mir aber nach den ersten paar Einsätzen bereits so durchgenudelt, dass ich den starken inneren Drang verspüre, es herauszureißen. In einem typischen Gemeindehaus, so befürchte ich, sehen diese neuen Kompakt-BasisBibeln ruck-zuck aus wie mein Collegeblock zu Schulzeiten.

Schade finde ich auch, dass in der Kompaktausgabe die Einführungstexte in die einzelnen Bücher nicht enthalten sind.

Die Klappen sind eine gute Idee, die aber zu schnell scheiße aussehen und nerven.

Fazit

Verständlich. Stylish. Zeitgemäß. Die BasisBibel wird zurecht gerne in der Konfirmanden- und Jugendarbeit genutzt. Aber Hand auf’s Herz: Selbst ich als Theologiestudent ziehe diese Bibel der aktuellen Überarbeitung der Lutherbibel von 2017 vor. Mit der Gesamtausgabe verbinde ich die große Hoffnung, dass auch in unseren Gottesdiensten, in Andachten, bei Beerdigungen und Trauungen endlich verständlichere Bibeltexte zum Einsatz kommen, die für Menschen heute auch durch bloßes Hören verständlich sind. Man darf gespannt sein – und vorerst eher mal zum Pro-Modell Die Komfortable greifen. Unterwegs ist aktuell eh niemand 😉